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»Die zentrale Aufgabe ist der Aufbau und die Etablierung finanziell tragbarer Open Access-Strukturen«

 

Open Access wird zunehmend als Aufgabe für alle Stakeholder der Wissenschaft verstanden. Wie verstehen Sie die Rolle der Hochschulbibliotheken in dem Prozess der OA-Transformation?

Die Hochschulbibliotheken nehmen bereits vielfältige Aufgaben wahr. So sind sie oft die zentrale Anlaufstelle für Information und die Servicedienstleistungen für Ihre Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in allen Fragen rund um das Thema Open Access. Dies betrifft sowohl die individuelle Beratung der Autoren mit Blick auf geeignete OA-Journale und die OA-Policy der Verlage als auch die verschiedenen Fördermöglichkeiten von Artikeln und Büchern innerhalb der Hochschule und weiterer Förderprogramme. 

Darüber hinaus verwalten sie die Open Access Fonds inklusive Rechnungsbearbeitung, leisten ein differenziertes Monitoring mit Blick auf Publikationsvolumen und Kostenentwicklung und werden zukünftig auch die zentrale Anlaufstelle für das ganzheitliche Informationsbudget ihrer Hochschule. Zusätzlich engagieren sich einige von ihnen beim Aufbau alternativer, nichtkommerzieller OA-Transformationsstrukturen insbesondere in den Fachgebieten, in denen das kommerzielle Interesse an Open Access bislang weniger stark ausgeprägt war.                                                                                                                                        

Sie selbst sind ja in diesem Prozess engagiert. Welche Aufgaben sehen Sie in diesem Zusammenhang als zentral an? 

Die zentrale Aufgabe ist der Aufbau und vor allem die Etablierung finanziell tragfähiger Open Access-Strukturen, die ihrerseits innerhalb der Wissenschaften von den Autoren akzeptiert werden. Für die Produzenten (Autoren) bedeutet dies vor allem eine Übernahme der Kosten durch die eigene Institution bzw. Forschungsförderer. Dies wird allerdings ohne eine grundlegende Reform der Finanzierung der Hochschulen und einer Verlagerung von Mittelzuweisungen hin zu den publikationsstarken Einrichtungen nicht funktionieren. 

Problematisch ist die Finanzierung allerdings in jenen Fächern der Geistes- und Sozialwissenschaften, die weniger stark von Drittmitteln profitieren. Hier ist ein Umstieg auf Open Access sehr oft abhängig vom Einzelfall und der Aufnahme entsprechender Titel in Crwodfundingprojekte. Für deren Realisierung ist mittelfristig eine Verlagerung weg von einem meist zufällig zustande kommenden Crowdfunding hin zu einer strukturellen Einbindung derartiger Initiativen in die Informationsbudgets der jeweiligen Hochschule anzustreben. 

Dies würde auch die Planungssicherheit der beteiligten Verlage erhöhen Auf der anderen Seite gilt auch für Open Access Publikationen derselbe wissenschaftliche Qualitätsanspruch wie für Kaufpublikationen, um Akzeptanz innerhalb der Community zu erreichen. 

Wo stehen wir Ihrer Meinung nach heute bei dem Prozess der OA-Transformation wissenschaftlicher Inhalte?

Aus einer einstmals durch viel Idealismus getragenen Bewegung ist mittlerweile, insbesondere im STM-Bereich ein lukratives Geschäftsmodell geworden. Zwar haben sich dabei einige neue Verlage und Journals etabliert, doch ist augenfällig, dass es besonders die großen, international agierenden Wissenschaftsverlage sind, die das Geschäft mit Open Access zunehmend dominieren, ohne sich gleichzeitig aus dem anscheinend immer noch lukrativen Subskriptionsgeschäft zurückzuziehen. Auch erscheinen immer mehr Anbieter auf der Bildfläche, die sich mit dubiosen Geschäftsmodellen und qualitativ unzureichenden Journals die Idee des Open Access für das schnelle Geld zunutze machen wollen. 

Leider kommt der ursprünglich intendierte flächendeckende Wechsel der Subskriptionszeitschriften, angeschoben durch die DEAL-Verträge, praktisch nicht in Gang. Auf der anderen Seite erscheint mir in Deutschland ein Umstieg auf Open Access in den Geistes- und Sozialwissenschaften eher erfolgversprechend, zumal in vielen Fällen für Zeitschriften und Bücher sich die Nachfrage nach deren Inhalten primär auf den deutschsprachigen und europäischen Markt konzentriert. 

Die nächsten Jahre werden zeigen, ob sich Open Access langfristig durchsetzen wird. Entscheidend dafür ist aber ein flächendeckendes Aufgreifen von Open Access in Nordamerika und Asien.


Weitere Informationen:

Dr. Rainer Plappert
Universitätsbibliothek der FAU Erlangen-Nürnberg
eMail: rainer.plappert@fau.de