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»Ich möchte den Verlagen empfehlen, Open Access als Chance zu begreifen.«

Anja Oberländer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  Dr. Anja Oberländer
  Leitung Science Open
  Universität Konstanz

 

   



14.07.2021

Sie sind seit Jahren in der Open-Access-Bewegung engagiert. Welche Fortschritte sehen Sie bezüglich der Open-Access-Stellung von wissenschaftlichen Monografien heute im Vergleich zu vor fünf Jahren?

In diesen fünf Jahren hat sich sehr viel getan und das Thema hat stark an Bedeutung zugenommen. Zum einen haben viele Einrichtungen die Monografienförderung in ihre Publikationsfonds mit aufgenommen. Auch das neue Programm Open-Access-Publikationskosten der DFG und das aktuelle Open-Access Förderprogramm des BMBF zeigen, dass die Monografien mehr ins Blickfeld gerückt sind. Auf Seiten der Verlage tut sich auch einiges, viele bieten inzwischen Open-Access-Optionen für Monografien an. Zudem gibt es zahlreiche Projekte und Initiativen auf internationaler Ebene wie OPERAS und COPIM, die sich mit dem Thema beschäftigen.

Wo sehen Sie noch große Hindernisse?

Hindernisse sehe ich vor allem bei den Preisen. Viele Verlagsangebote für Open-Access-Monografien sind einfach noch viel zu hoch und schrecken viele Wissenschaftler*innen ab. Die Preise orientieren sich vielfach an bisherigen Einnahmemodellen der Verlage und kalkulieren teilweise die bei einer Open-Access-Monografie entfallenden Einnahmen aus ebook-Verkäufen ein. Aus Sicht der gewinnorientierten Verlage ist das nachvollziehbar, aus Sicht der Wissenschaftler*innen sind dies aber keine Kostenpositionen, für die sie bereit sind zu zahlen.

Benachteiligt sind hier vor allem auch Wissenschaftler*innen, die nicht auf finanzielle Unterstützung aus der Einrichtung oder aus Drittmitteln angewiesen sind. Zu diesen finanziellen Aspekten kommen auch rechtliche Hürden, wie Unsicherheiten beim Aufsetzen von Verlagsverträgen oder die Tatsache, dass Bücher komplexer aufgebaut sind und weniger normiert als Zeitschriftenartikel.

Kurz auf den Punkt gebracht: Welche Ziele verfolgt open-access.network?

Das Projekt hat das Ziel, eine bundesweite Kompetenz- und Vernetzungsplattform zu Open Access einzurichten, die zur Beschleunigung der Open-Access-Transformation beiträgt.

Seit Projektstart arbeiten wir daran, vorhandene Initiativen zu vernetzen und den Austausch innerhalb der Wissenschaft zu Open Access nachhaltig zu verbessern. Es werden disziplinübergreifend, zentral und zuverlässig Informationen zum Thema Open Access zur Verfügung gestellt. Neu erstellte Kurzvideos, Leitfäden und Praxistipps – alle frei zugänglich und nachnutzbar – sowie zielgruppenspezifische Fortbildungsangebote bieten  Wissenschaftler*innen sowie Multiplikator*innen in Wissenschaft und Bibliotheken die Möglichkeit, sich umfassend weiterzubilden. Mit unseren Angeboten möchten wir umfassende Kompetenzen zu praktischen, organisatorischen und rechtlichen Fragestellungen vermitteln.

Welche Empfehlungen haben Sie für Verlage in Bezug auf das Ziel der Open-Access-Transformation ihrer Programme?

Aus meiner Sicht müssen die Angebote der Verlage noch attraktiver für die Autor*innen werden. Das kann einerseits über die Erweiterung des Leistungsspektrums geschehen, aber natürlich auch – und damit knüpfe ich an das vorhin bereits Gesagte an – über angemessene Preise im Sinne eines fairen Open Access.

Ein Faktor, der eng damit zusammenhängt, ist Transparenz. Die transparente Kommunikation der eigenen Geschäftsmodelle sowie der erbrachten Leistungen würde auch das Vertrauen in Open-Access-Angebote stärken.

Und schließlich möchte ich den Verlagen empfehlen, Open Access als Chance zu begreifen. Open Access bietet den Verlagen fantastische Möglichkeiten, ihrem zentralen Auftrag – der Verbreitung von Wissen – bestmöglich nachzukommen. Auf diese Weise können Verlage einen wichtigen Beitrag für die Open-Access-Transformation leisten!

Weitere Informationen:

Dr. Anja Oberländer
Universität Konstanz
Leitung Open Science
E-Mail: anja.oberlaender@uni-konstanz.de
www.kim.uni-konstanz.de/openscience